Frankfurter Allgemeine Heft 211 / März 1984 - Ohren
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Frankfurter Allgemeine Heft 211 / März 1984 - Ohren

Titlebild: Wer Ohren hat zu hören, der höre: Das Ohr ist nicht bloß ein Sinnesorgan, ein Horchapparat. Das Ohr ist nicht bloß knorpelige Muschel, die manchmal Kummer macht, weil sie zu weit absteht. Das Ohr ist ein Ort für Lust und Liebe. Der Knabe zupft sein Mädchen am Ohrläppchen. Denn ein jedes Ohr ist süß. Und manches Ohr ist schön, ja makellos

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Original Inhaltsbeschreibung:

  • Über Leute
  • In Amerika Legende, in Europa ein Gerücht: Volker Hage
  • Der Romancier Philip Roth
  • Als Papa fort war: Der zweite Teil des Märchens von Maurice Sendak
  • Fragebogen: Bernhard Vogel
  • Schönheit pur: Der feinste Nabel von Paris Fotos Frank Horvat Axel Arens
  • Kalender der Woche
  • Die Gartenlust: Das verdammte Unkraut Johannes Roth, Foto Marion Nickig
  • Das Bild ist niemals fertig: Marianne Beuchert
  • Der Garten von Arley Hall Fotos Marion Nickig
  • Von Grillen und Ameisen oder Plädoyer für den gemäßigten Leichtsinn Illustrationen Heinz Edelmann Dietmar Polaczek
  • Schach Roswin Finkenzeller
  • Matchbox: Kreuzwort, Ortstermin, Knopfrechnen
  • Titel Frank Horvat

Vom Segen der Blattlaus oder Die Grillen der Ameisen

Wie kommt der Argwohn in die freie Seele? Redakteure jedenfalls sind von Haus aus vertrauensvolle Menschen, mit der Bergpredigt beweisen sie alles. „Ihr seid das Salz der Erde, ihr seid das Licht der Welt" — wie trefflich erfassen die heiligen Worte das schöne Wesen der Journalisten, die fortan auch keine Schwierigkeiten hatten mit heimlichem Fasten und öffentlicher Feindesliebe. Nur eines ist ihnen unmöglich: zu sein wie die Vögel unter dem Himmel und die Lilien auf dem Felde, die in provozierender Unbekümmertheil weder säen noch ernten. Der VeK leger ist nicht der liebe Gott, er ernährt nur diejenigen, die da arbeiten und spinnen, die also Sorge tragen dafür, daß das verlegt Blatt nicht leer bleibe. Und so, sind die Redakteure eher wie die Ameisen. Sie leben gesellig und haben einen ausgeprägten Orientierungssinn nach allen Richtungen, sie können Hals über Kopf Gefahren- oder Futteralarm geben, und viele halten sich sogar Blattläuse in Gestalt von freien Mitarbeitern und Korrespondenten, die in der Not gemolken werden. So vermögen die Redakteure denn auch umfänglichere Magazinbauten in bewährter ise auszustatten, diesmal mit amerikanischen Nestbesch zer Philip Roth, mit den schönsten Nakken, Näbeln, Knien lind Füßen von Paris sowie dem etwas älteren lenglischen Garten von Arley Hall. Dazu blättert Maurice Sendak weiter in seinem jüngsten Kinderch, und — als seien's der Grillen mit noch nicht genug — Dietmar laczek fabuliert eine Fabel fort, spätestens seit dem Altgriechen Äsop das abendländische Verhältnis zwischen Bürger und Künstler empfindlich belastet. Unser bienenfleißiger Autor plädiert endlich für den ausgewogenen Mittelweg zwischen Ameise und Grille, zwischen der sorgenden Sammlerin und der leichtsinnigen Sängerin, kreiert mithin für die neuere Geistesgeschichte, was es in der reinen Zoologie freilich schon längst gibt: die Ameisenysle, den kleinsten Geradflügler der ehrenwerten Familie der Myrmecophiliden. Die Ameisengrille ist vorwiegend dämmerungs- und nachtaktiv und paßt ihr Verhalten vollkommen den jeweiligen Vorgaben ihrer Wirte an — verkörpert also. den Idealtypus jenes Redakteurs, der im Magazin die einleitenden Worte schreibt.

Siegfried Diehl

Heft Nr. 211/ vom 16 März 1984

Seitenanzahl: 78 Seiten

FAM-DE.1984.nr.211

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